von Ulrike Pohl
Im Nordiska Museet in Stockholm steht ein Kerzenhalter, der aus Halland, einer schwedischen Provinz, stammt und vom Nordiska Museet 1882 erworben wurde. Das Museum macht keine genauen Angaben über das Alter des Kerzenhalters oder über eine spezifische Form oder Zeit der Verwendung. Er wurde 1888 in der schwedischen Zeitschrift „Runa“, die sich mit schwedischer Geschichte befasste, erwähnt, allerdings nicht im Zusammenhang mit Jul bzw. dem Weihnachtsfest. Hier wurde festgestellt, dass diese Art Kerzenhalter aus dem 16. Jahrhundert stammt.
Dieser Kerzenhalter wurde von Hermann Wirth, einem niederländischen, völkischen Laienhistoriker, in der im Jahr 1933 erschienen deutschen Übersetzung der „Ura-Linda-Chronik“ abgebildet, einer kontrovers diskutierten und als Fälschung entlarvten Familienchronik mit Hinweisen auf ein friesisches Atlantis. Wirth war Mitbegründer der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe SS, deren Ziel es war, durch
vorgeblich wissenschaftliche Forschung die Überlegenheit der „arischen Rasse“ nachzuweisen.
Im Zuge der Bemühungen Heinrich Himmlers, die gesamte SS (also Allgemeine und Waffen-SS) zu einem der Nazi-Ideologie angepassten „germanischen“ Neuheidentum zu bekehren, wurde nun dieser Kerzenhalter nachgebaut und nach und nach an SS-Angehörige verschickt, zusammen mit detaillierten Angaben, zu welchen Gelegenheiten und unter Aufsagung welcher Sinnsprüche die Kerze im Kerzenhalter zu entzünden war, der außerdem auf einem kleinen Haus-Altar, der „SS-Ecke“ zu stehen hatte. So sollten christliche Brauchhandlungen im Jahreskreis ersetzt werden. Am wichtigsten war der sogenannte „Julleuchter“, wie die Bezeichnung vermuten lässt, in der Weihnachtszeit, er spielte aber auch zu anderen Gelegenheiten eine Rolle.
Hergestellt wurden die Julleuchter in der Porzellanmanufaktur Allach, die 1939 als enteigneter Betrieb in den Besitz der SS übergegangen war und in der ab 1940 KZ-Häftlinge aus Dachau zur Arbeit gezwungen wurden. Das bedeutet: weder darf vermutet werden, dass der sogenannte Julleuchter Repräsentant einer vorchristlichen oder subversiv heidnischen Tradition ist, noch dass er irgendwas mit dem Julfest zu tun hat. Die Verwendung dieses Leuchters stand aber prominent im von Himmler erwünschten Brauchtum der SS, und seine Herstellung erfolgte unter entsetzlichen Umständen.
Verboten ist die Herstellung, der Verkauf und die Verwendung eines Julleuchters nicht. Von einer Verwendung auf einem Altar im Rahmen einer Feier von Mitgliedern des Eldaring sollte meiner Meinung nach im Hinblick auf die Geschichte des Leuchters sowie des Selbstverständnisses und der Satzung des Eldaring unbedingt abgesehen werden.

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